Der Eiserne Vorhang reisst

Fülszöveg

ungarns Führung hat im Február 1989 den Beschluss gefasst, stacheldraht und Signalanlagen an der ungarisch-österreichischen Grenze abzubrechen. Der Tat kam nicht nur hohe symbolische Bedeutung zu. Sie zeitigte auch politische Foigen, die in wenigen Monaten zum Zusammenbruch der nach dem Zweiten weltkrieg von Moskau errichteten europáischen Ordnung führten. Die Flucht von Touristen aus der DDR über ungarn nach Osterreich nahm immer grössere Ausmasse an, und als die Regierung in Budapest Anfang September 1989 die Grenze für ostdeutsche Flüchtlinge auch offiziell öffnete, schiug sie, wie sich Bundeskanzler Kohl spáter ausdrückte, den ersten Stein aus der Berliner Mauer heraus. Die Bildung einer Regierung mit nichtkommunistischer Mehrheit in Polen und der Riss des Eisernen vorhangs an ungarns Westgrenze, dies waren im Sommer 1989 die beiden Ereignisse, welche hernach - vor dem Hintergrund veránderter verháltnisse in Gorbatschows Sowjetunion - das umfallen der übrigen Dominosteine in... Tovább

Fülszöveg

ungarns Führung hat im Február 1989 den Beschluss gefasst, stacheldraht und Signalanlagen an der ungarisch-österreichischen Grenze abzubrechen. Der Tat kam nicht nur hohe symbolische Bedeutung zu. Sie zeitigte auch politische Foigen, die in wenigen Monaten zum Zusammenbruch der nach dem Zweiten weltkrieg von Moskau errichteten europáischen Ordnung führten. Die Flucht von Touristen aus der DDR über ungarn nach Osterreich nahm immer grössere Ausmasse an, und als die Regierung in Budapest Anfang September 1989 die Grenze für ostdeutsche Flüchtlinge auch offiziell öffnete, schiug sie, wie sich Bundeskanzler Kohl spáter ausdrückte, den ersten Stein aus der Berliner Mauer heraus. Die Bildung einer Regierung mit nichtkommunistischer Mehrheit in Polen und der Riss des Eisernen vorhangs an ungarns Westgrenze, dies waren im Sommer 1989 die beiden Ereignisse, welche hernach - vor dem Hintergrund veránderter verháltnisse in Gorbatschows Sowjetunion - das umfallen der übrigen Dominosteine in Ostberlin und Prag, in Sofia und Bukarest bewirkten. Das vorliegende Buch stellt Ungarn in den Mittelpunkt, ein Land freilich, das mit anderen Völkern des Karpatenbeckens seit dem Hochmittelalter eine gemeinsame Geschichte durchlebt hat. Diese vergangenheit ist voller Konflikte, gegeneinander gerichteter Ansprüche und Geschichtsmythen; sie hat zur Aufsplitterung Mitteleuropas und damit zu einem Zustand geführt, in dem diese kleinen Lander jeweils nach den weltkriegen zum Spielball fremder Grossmáchte wurden. Dem Autor geht es zum einen darum, diesen Prozess zu schildern. zum andern versucht er jene grossen geistesgeschichtlichen Züge des ungarischen selbstverstándnisses herauszuarbeiten, die es diesem Land erlaubten, in der Befreiung Zentraleuropas eine Pionierrolle zu spielen und einen Neuanfang zu wagen. Vissza