Der Schwarze Obelisk

Fülszöveg

1923. Die fieberhafte Inflation, die katastrophaleVerelendungder einen und unerhörte Bereicherung der anderen habén einen stürmischen Verfall der sittlichen Grundlagen zur Folge, lassen die Heuchelei, die Scheinheiligkeit und die kalte Berechnung der bürgerlichen Welt zutage treten, wo das Geld die unumschránkte Herrschaft ausübt, sich alle unterwirít, alle besticht und alle demoralisiert. Der Román „Der schwarze Obelisk" führt - so paradox diese Behauptung auch klingen mag - jene für die deutsche Literatur so auCerordentlich bedeutsame Linie der Bildungsromane weiter fort, die in Goethes „Wilhelm Meister" ihren Anfang nahm. Auch hier habén wir einen Román über einen jungen Menschen vor uns, der seinen Standort im Leben sucht und um eine eigene Weltanschauung ringt.. • Remarque geht hier in seiner Stellungnahme gegen den Krieg bedeutend weiter als in seinen früheren Románén. Sein Antimilitarismus ist aktiver, überzeugender und konsequenter geworden. Nicht von ungefáhr wird sogar das... Tovább

Fülszöveg

1923. Die fieberhafte Inflation, die katastrophaleVerelendungder einen und unerhörte Bereicherung der anderen habén einen stürmischen Verfall der sittlichen Grundlagen zur Folge, lassen die Heuchelei, die Scheinheiligkeit und die kalte Berechnung der bürgerlichen Welt zutage treten, wo das Geld die unumschránkte Herrschaft ausübt, sich alle unterwirít, alle besticht und alle demoralisiert. Der Román „Der schwarze Obelisk" führt - so paradox diese Behauptung auch klingen mag - jene für die deutsche Literatur so auCerordentlich bedeutsame Linie der Bildungsromane weiter fort, die in Goethes „Wilhelm Meister" ihren Anfang nahm. Auch hier habén wir einen Román über einen jungen Menschen vor uns, der seinen Standort im Leben sucht und um eine eigene Weltanschauung ringt.. • Remarque geht hier in seiner Stellungnahme gegen den Krieg bedeutend weiter als in seinen früheren Románén. Sein Antimilitarismus ist aktiver, überzeugender und konsequenter geworden. Nicht von ungefáhr wird sogar das Motiv der „Frontkameradschaft", dessen Behandlung besonderen AnlaC zu Einwánden gegen die frühen Bücher Remarques bot, hier mit noch nicht
dagewesener Schárfe und Ehrlichkeit in einem neuen Licht gesehen: die „Frontkameradschaft" ist nichts anderes als eine propagandistische Losung, dazu bestimmt, die Durchschnittsdeutschen wieder unter die Fahnen des Militarismus zu locken. Die unvergleichlich prázisere und entschiedenere Ablehnung des Krieges hat auch der Prosa des Dichters bemerkenswerte künstlerische Fortschritte geschenkt. Wáhrend sich Remarques Stil früher durch eine objektíve Berichterstattung auszeichnete, und der Künstler fast vollkommen darauf verzichtete, seiner eigenen Meinung unmittelbar Ausdruck zu verleihen, schreckt er in seinem neuen Román „Der schwarzeObelisk"-ohne die seiner Prosa eigene realistische Genauigkeit aufzugeben - weder vor einer pathetischen Publizistik noch vor einer schonungslosen satirischen Verdichtung der Farben zurück. Noch nie zuvor ist in Remarques Prosa die Stimme des Künstlers selbst so unmittelbar und leidenschaftlich laut geworden, der zuweilen seinen jungen lyrischen Helden gleichsam beiseite schiebt, um mit seinem eigenen reifen Urteil über Zeit, Land und politische Ereignisse hervorzutreten. „Inostrannaja literatura", Moshatt Vissza