Fülszöveg
Ein Jahrhundert, ja ein Jahrtausend geht zu Ende, und Carl Amery fragt, was denn die Botschaft des Jahrtausends sei. Mit seiner Antwort kehrt er zurück zur Arbeit an einer Grünen Philosophie und sagt, daß sie nach Jahren der Verdrängung durch sogenannte politische Aktualitäten wieder an die Spitze aller Dringlichkeiten gesetzt werden müsse, weil es sich schließlich um die Gattungsfrage handle, das heißt die Frage der Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit einer menschlich bewohnbaren Zukunft. Die Botschaft des Jahrtausends sieht er in dieser nicht mehr zu umgehenden Dringlichkeit. Bis vor kurzer Zeit war die Menschheit von »Höherer Gewalt« bedroht und gleichzeitig an einer lebensbedrohenden Expansion gehindert. Die Situation hat sich gründlich geändert, und es ist zu befürchten, daß in der Suche nach einem Ausgleich der Waagschalen von Leben und Tod entweder die biologische Barbarei (Vorläufer Adolf Hitler!) oder ein technokratisch orientiertes Selektions-Management siegreich bleibt. Dem...
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Fülszöveg
Ein Jahrhundert, ja ein Jahrtausend geht zu Ende, und Carl Amery fragt, was denn die Botschaft des Jahrtausends sei. Mit seiner Antwort kehrt er zurück zur Arbeit an einer Grünen Philosophie und sagt, daß sie nach Jahren der Verdrängung durch sogenannte politische Aktualitäten wieder an die Spitze aller Dringlichkeiten gesetzt werden müsse, weil es sich schließlich um die Gattungsfrage handle, das heißt die Frage der Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit einer menschlich bewohnbaren Zukunft. Die Botschaft des Jahrtausends sieht er in dieser nicht mehr zu umgehenden Dringlichkeit. Bis vor kurzer Zeit war die Menschheit von »Höherer Gewalt« bedroht und gleichzeitig an einer lebensbedrohenden Expansion gehindert. Die Situation hat sich gründlich geändert, und es ist zu befürchten, daß in der Suche nach einem Ausgleich der Waagschalen von Leben und Tod entweder die biologische Barbarei (Vorläufer Adolf Hitler!) oder ein technokratisch orientiertes Selektions-Management siegreich bleibt. Dem gilt es im Namen menschlicher Würde entgegenzutreten. Die letzte, allerschwierigste Frage lautet: Wie hat der Mensch zu leben, der wenigstens im Ansatz deri Auflagen der Natur folgt, um die Zukunft zu sichern? Mit seinen grundlegenden Schrif-
ten zu religiös-politischen und ökologischen Fragen hat Carl Amery bahnbrechend wichtige geistig-politische Anstöße gegeben. Die ökologische Chance wird heute als klassisches Hauptwerk der ökologischen Literatur gesehen, und über Die Kapitulation oder Der real existierende Katholizismus sagte Oskar Lafontaine, kaum ein anderes Buch habe das kritische Bewußtsein der jungen Nachkriegsgeneration von Katholiken so wachgerüttelt.
Carl Amery
Jahrgang 1922, Studium der Sprachen und Literaturwissenschaft, MitgHed der Gruppe 47, 1976/77 Bundesvorsitzender des Verbandes der deutschen Schriftsteller in der IG Druck und Papier, von 1989 bis 1991 Präsident des P.E.N.-Clubs der Bundesrepublik Deutschland. Im Rahmen seiner Gesammelten Werke in Einzelausgaben sind bisher erschienen: Die starke Position oder Ganz normale MAMUS, Die ökologische Chance, Die große deutsche Tour, Die Wallfahrer, Das Königsprojekt, Die Kapitulation oder Der real existierende Katholizismus, Das Geheimnis der Krypta und Bileams Esel.
Umschlaggestaltung: Kaselow Design, München
List Verlag München • Leipzig
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