Die Verwandlung der Liebe

Fülszöveg

Fast unmerklich habén sich die Rollen vertauscht: Jetzt ist es der Sohn, der den schwereren Rucksack trágt und gröfier und stárker ist als die Mutter. Unmifiverstándlich sind die Zeichen, die auf Veránderungen deuten. Eine gemeinsame Wanderung im rumánischen Hochgebirge bestátigt es: Die Loslösung des Sohnes hat begonnen. Nun ist es an ihr, der Mutter, ihn freizugeben aus der engen Bindung, die ihr Schutz war gegen Angste und Einsamkeiten. Sie glaubt, keine Furcht zu habén vor dem Moment, in dem der Sohn beginnen würde, Wege zu gehen, die ihn von ihr wegführen. Aber spáter dann, im Alltag, erlebt sie die Trennung voller Konflikte und Verletzungen. Und brüchig geworden ist auch ihre frühere Sicherheit, die sie solange trug, wie sie eigene Lebenswünsche verleugnete. Sie wehrt sich, wenn wieder Rücksicht von ihr verlangt wird und Einsicht im Namen der Vernunft und der Verantwortung. Sie übt: sie trainiert den Ungehorsam.
Eigentlich ist die Fogarash-Wanderung ein Gleichnis aufs Leben:... Tovább

Fülszöveg

Fast unmerklich habén sich die Rollen vertauscht: Jetzt ist es der Sohn, der den schwereren Rucksack trágt und gröfier und stárker ist als die Mutter. Unmifiverstándlich sind die Zeichen, die auf Veránderungen deuten. Eine gemeinsame Wanderung im rumánischen Hochgebirge bestátigt es: Die Loslösung des Sohnes hat begonnen. Nun ist es an ihr, der Mutter, ihn freizugeben aus der engen Bindung, die ihr Schutz war gegen Angste und Einsamkeiten. Sie glaubt, keine Furcht zu habén vor dem Moment, in dem der Sohn beginnen würde, Wege zu gehen, die ihn von ihr wegführen. Aber spáter dann, im Alltag, erlebt sie die Trennung voller Konflikte und Verletzungen. Und brüchig geworden ist auch ihre frühere Sicherheit, die sie solange trug, wie sie eigene Lebenswünsche verleugnete. Sie wehrt sich, wenn wieder Rücksicht von ihr verlangt wird und Einsicht im Namen der Vernunft und der Verantwortung. Sie übt: sie trainiert den Ungehorsam.
Eigentlich ist die Fogarash-Wanderung ein Gleichnis aufs Leben: Man geht voll Hoffnung und Zuversicht los, dann kommt einer, der ist besser als du, der macht dir den Gefáhrten streitig. Dann strengst du dich so sehr an, daL du Schaden nimmst. Deswegen liebt der andere dich trotzdem nicht mehr. Dann geht das Gestolper los durch Nacht und Nebel - mit Mifiverstándnissen und Schrecknissen. Das, was ursprünglich gewollt war, gerát völlig an den Rand dessen, was vorgeht. Und keiner begreifts. Man ist bescháftigt mit den eigenen Angelegenheiten, die man so gar nicht wollte. Wenn man Glück hat, wird einem davon eine Ahnung zuteil. Die man rasch wieder vergiftt, wenn Verháltnisse eintreten, die zur Selbsttáuschung einladen. Christa Müller, Arbeitsnotiz (1986) Vissza