Euro Kommunismus

Fülszöveg

Wolfgang Leonhard, der wie kaum ein anderer Autor mit den Vorgängen in der kommunistischen Weltbewegung vertraut ist, untersucht in seinem Buch, wie glaubwürdig und wie fortgeschritten dieser Bruch mit Moskau ist. Er analysiert, ob es sich hierbei um taktische Manövereinerdünnen Führungsschicht handelt, der die Funktionärskader nur widerwillig folgen, um nach der Erringung der Macht in die alten leninistisch-stalinistischen Praktiken zurückzufallen. Oder ob hiereine irreparable Trennung stattgefunden hat, die völlig neue Perspektiven für die Zukunft des Sozialismus eröffnet. Trotz der Wahlniederlage vom März 1978 und dem Scheitern des Linksbündnisses sind die französischen Kommunisten weiterhin ein bedeutsamer politischer Faktor des Landes. In Italien ist die Kommunistische Partei bereits heute mehr oder weniger direkt an der Ausübung der Macht beteiligt. Die christdemokratische Minderheitsregierung ist nicht mehr in der Lage, Entscheidungen ohne die Zustimmung der zweitgrößten... Tovább

Fülszöveg

Wolfgang Leonhard, der wie kaum ein anderer Autor mit den Vorgängen in der kommunistischen Weltbewegung vertraut ist, untersucht in seinem Buch, wie glaubwürdig und wie fortgeschritten dieser Bruch mit Moskau ist. Er analysiert, ob es sich hierbei um taktische Manövereinerdünnen Führungsschicht handelt, der die Funktionärskader nur widerwillig folgen, um nach der Erringung der Macht in die alten leninistisch-stalinistischen Praktiken zurückzufallen. Oder ob hiereine irreparable Trennung stattgefunden hat, die völlig neue Perspektiven für die Zukunft des Sozialismus eröffnet. Trotz der Wahlniederlage vom März 1978 und dem Scheitern des Linksbündnisses sind die französischen Kommunisten weiterhin ein bedeutsamer politischer Faktor des Landes. In Italien ist die Kommunistische Partei bereits heute mehr oder weniger direkt an der Ausübung der Macht beteiligt. Die christdemokratische Minderheitsregierung ist nicht mehr in der Lage, Entscheidungen ohne die Zustimmung der zweitgrößten Partei des Landes zu treffen. Und bei den ersten freien Wahlen nach Francos Tod wurde die jahrzehntelang verfolgte spanische KP zur drittgrößten politischen Kraft in diesem Teil der iberischen Halbinsel. Henry Kissingers Prognose, in zehn Jahren sei ganz Westeuropa marxistisch, scheint trotzdem dertatsächlichen Entwicklung weit vorauszueilen. Vor allem sind die Kommunisten des romanischen Sprachraums nicht nur eine Herausforderung an die antikommunistischen Kräfte Westeuropas: Sie haben sich in den letzten Jahren auch zunehmend vom Führungsanspruch Moskaus distanziert und einer Reihe von kommunistischen Glaubensgrundsätzen abgeschworen, die einst zum unverzichtbaren Bestand der kommu-
nistischen Ideologie gehörten. Wichtig ist dabei vor allem der Verzicht auf die »Diktatur des Proletariats« und auf den »demokratischen Zentralismus«. Umgekehrt haben sich diese Parteien zum pa rla menta rischen System des Westens, dem Votum des Wählers, zum Mehr-parteiensystem, zu marktwirtschaftlichen Aspekten und zur Pressefreiheit bekannt. Nach dem Bruch zwischen Moskau und Peking hat damit die dritte Zäsur im Weltkommunismus stattgefunden.
Wolfgang Leonhard verbrachte zehn Jahre seines Lebens in der Sowjetunion. Er kehrte im Frühjahr 1945 als Mitglied der »Gruppe Ulbricht« nach Berlin zurück. Von 1945-49 war er Dozent an der Parteihochschule »Karl Marx«, im März 1949 floh er aus Protest gegen den Stalinismus nach Jugoslawien. Sein Rechenschaftsbericht »Die Revolution entläßt ihre Kinder« wurde ein Welterfolg. Heute ist Leonhard Professor an der Yale University (USA). Vissza