Die mißhandelte Geschichte

Fülszöveg

Auch wenn sie sich subjektiv für noch so objektív haltén, wollen Historiker Geschichte doch auf ihre
Weise machen.
Je entschiedener von einem Historiker der Anspruch auf Objektivitát erhoben wird, umso genauer sollte er nachgeprüft werden.
Geschichte wird für den, der sich ihrer zur Rechtfertigung seines Standpunktes bedient, zum verschiedenartig
knetbaren Rohmaterial für Tagesbedürfnisse. Dann kann die beschriebene Vergangenheit, die in erhebenden Stunden gern als der groBe Lehrmeister der Menschheit gefeiert wird, zur ausgenutzten Magd werden.
Geschichtsschreibung kann auch als eine Art Gerichtsverfahren mit entsprechenden Fehlerquellen betrachtet werden. Hermann Eich unterzieht überlieferte historische Schuld- oder Freisprüche einer Revision. Stalins Rezept, wer die Gegenwart beherr-sche, könne mit der Vergangenheit nach Belieben umspringen, hat diesen überlebt -nicht nur im Osten. Dem Autor geht es in seinem Buch nicht um die Subjektivitát historischer Berichte als Folge... Tovább

Fülszöveg

Auch wenn sie sich subjektiv für noch so objektív haltén, wollen Historiker Geschichte doch auf ihre
Weise machen.
Je entschiedener von einem Historiker der Anspruch auf Objektivitát erhoben wird, umso genauer sollte er nachgeprüft werden.
Geschichte wird für den, der sich ihrer zur Rechtfertigung seines Standpunktes bedient, zum verschiedenartig
knetbaren Rohmaterial für Tagesbedürfnisse. Dann kann die beschriebene Vergangenheit, die in erhebenden Stunden gern als der groBe Lehrmeister der Menschheit gefeiert wird, zur ausgenutzten Magd werden.
Geschichtsschreibung kann auch als eine Art Gerichtsverfahren mit entsprechenden Fehlerquellen betrachtet werden. Hermann Eich unterzieht überlieferte historische Schuld- oder Freisprüche einer Revision. Stalins Rezept, wer die Gegenwart beherr-sche, könne mit der Vergangenheit nach Belieben umspringen, hat diesen überlebt -nicht nur im Osten. Dem Autor geht es in seinem Buch nicht um die Subjektivitát historischer Berichte als Folge des be-schránkten menschlichen Urteilsvermögens, unterschiedlicher wissenschaftlicher Stand-punkte oder der weltanschaulichen Fixierung. Ihn interessiert vor allém der ProzeB des bewuBten Zurechtbiegens geschichtlicher Fakten und Figuren zur Befriedigung von Tagesbedürfnissen und Machtinteressen. Hermann Eichs skeptische Darstellung der Geschichtsschreibung reicht von der Antiké bis in unsere Zeit, von Nero und Mark Aurél bis zu Hitler, Stalin und Mao. Er schildert den Umgang mit GeschichtsgröBen zu unterschiedlichen Zeiten und von unter-schiedlichen Standpunkten aus. Geschichte wurde zu allén Zeiten auch als Waffe in der politischen Auseinandersetzung benutzt. Wer Eichs fesselnde Geschichtskorrektur liest, steht kollektiven Beschuldigungen oder summarischen Entlastungen nicht mehr unvorbereitet gegenüber. Vissza