Jena - Das liebe närrische Nest

Fülszöveg

Im Zeitalter der deutschen Klassik und Frühromantik, eng verbunden mit Namen wie Goethe und Schiller, Fichte, Schelling und Hegel, den Brüdern Schlegel, Tieck und Novalis, erlebte Jena eine geistige Höhe, die den Ruf der Universität in aller Welt begründete. Die Doppelschlacht von Jena und Auerstedt, die Burschenschaftsbewegung ließen den Namen Jena immer wieder in vieler Munde sein. Studenten und Professoren wechselten häufig; was lag näher, als ein Andenken an die Stadt mitzunehmen, die viel Neues Vermittelt, viel Gutes gegeben hatte ? Freunden legte man gern ein Bild der Stadt ins Stammbuch. Da Fotografie und Postkartenindustrie noch in weiter Ferne lagen, fanden die kleinen Radierungen des überaus fleißigen und liebenswerten Universitätskupferstechers Ludwig Heß (1776-1853), der seit 1811 in Jena tätig wurde, raschen Anklang. Heß, in Weißenfels geboren, übersiedelte 076 mit seinen Eltern — der Vater war gerade zum akademischen Tanzlehrer ernannt worden — nach Jena. Nach einer... Tovább

Fülszöveg

Im Zeitalter der deutschen Klassik und Frühromantik, eng verbunden mit Namen wie Goethe und Schiller, Fichte, Schelling und Hegel, den Brüdern Schlegel, Tieck und Novalis, erlebte Jena eine geistige Höhe, die den Ruf der Universität in aller Welt begründete. Die Doppelschlacht von Jena und Auerstedt, die Burschenschaftsbewegung ließen den Namen Jena immer wieder in vieler Munde sein. Studenten und Professoren wechselten häufig; was lag näher, als ein Andenken an die Stadt mitzunehmen, die viel Neues Vermittelt, viel Gutes gegeben hatte ? Freunden legte man gern ein Bild der Stadt ins Stammbuch. Da Fotografie und Postkartenindustrie noch in weiter Ferne lagen, fanden die kleinen Radierungen des überaus fleißigen und liebenswerten Universitätskupferstechers Ludwig Heß (1776-1853), der seit 1811 in Jena tätig wurde, raschen Anklang. Heß, in Weißenfels geboren, übersiedelte 076 mit seinen Eltern — der Vater war gerade zum akademischen Tanzlehrer ernannt worden — nach Jena. Nach einer Schriftsetzerausbildung in Jena, Leipzig und
Braunschweig begann Heß mit Holzschnitten seine künstlerische Laufbahn. Christian Oehme und Georg Melchior Kraus wurden seine Lehrer, Bertuch in Weimar sein Brotgeber. Illustrationen nach fremden Vorlagen waren bald durch eigene Arbeiten überholt. Zu seinen Auftraggebern zählte mehrmals Goethe; bekannt wurde Heß erstmals durch die Radierungen zu Danz' „Ansicht der Stadt Jena in den Oktobertagen 1806". Sein Hauptbetätigungsfeld war entdeckt: eine Fülle von Stadtansichten seiner näheren und weiteren Umgebung entstanden. Die mit sicherer Hand und geschultem Blick entworfenen Radierungen vermitteln ein umfassendes Bild des Lebens der nachklassischen Zeit, da Heß Bürger und Studenten, Handwerksburschen und Bauern als Staffage verwendete. Nicht nur der Liebhaber alter Stiche, auch der Historiker kommt auf seine Kosten: er entdeckt Goethes „liebes närrisches Nest" wieder, das längst sein Gesicht verändert hat, dessen Name heute durch Zeiss und Schott, durch Jenapharm und die Universität weltberühmt ist. Vissza