Wörter wachsen nicht auf Bäumen

Fülszöveg

Die Wege der Sprachgeschichte sind verschlungen. Ihnen nachzugehen ist ein Abenteuer, bei dem vergnügliche und oft überraschende Entdeckungen gemacht werden können. Wer weiß schon, welche merkwürdigen und geradezu anrüchigen etymologischen Zutaten etwa der Pumpernickel enthält, diese harmlos-deftige westfälische Brotspezialität? Das Schwermetall Nickel ist eine der Ingredienzien. Als Erz, das wie Kupfer aussah, aber keines war, hieß es ursprünglich »Kupfernickel«, weil ein »Nickel«, ein Schlingel, dahinterstecken mußte, der den Bergknappen aus Schabernack das Pseudokupfer untergejubelt hatte. Der »Pumper« entstammt dem lautmalerischen Bereich der Kinderstube. »Pupen« oder »pumpern« ist eine freundliche Umschreibung für das ungebremste Entfleuchen der Leibeswinde. Der »Pumpernickel« entführt also ins Allzumenschliche. Hinter ihm steckt ein fremder Schlingel, der für die eigenen Blähungen verantwortlich gemacht wird Eine verblüffende Vergangenheit entfalten auch vermeintlich... Tovább

Fülszöveg

Die Wege der Sprachgeschichte sind verschlungen. Ihnen nachzugehen ist ein Abenteuer, bei dem vergnügliche und oft überraschende Entdeckungen gemacht werden können. Wer weiß schon, welche merkwürdigen und geradezu anrüchigen etymologischen Zutaten etwa der Pumpernickel enthält, diese harmlos-deftige westfälische Brotspezialität? Das Schwermetall Nickel ist eine der Ingredienzien. Als Erz, das wie Kupfer aussah, aber keines war, hieß es ursprünglich »Kupfernickel«, weil ein »Nickel«, ein Schlingel, dahinterstecken mußte, der den Bergknappen aus Schabernack das Pseudokupfer untergejubelt hatte. Der »Pumper« entstammt dem lautmalerischen Bereich der Kinderstube. »Pupen« oder »pumpern« ist eine freundliche Umschreibung für das ungebremste Entfleuchen der Leibeswinde. Der »Pumpernickel« entführt also ins Allzumenschliche. Hinter ihm steckt ein fremder Schlingel, der für die eigenen Blähungen verantwortlich gemacht wird Eine verblüffende Vergangenheit entfalten auch vermeintlich trockene Begriffe wie »Arbeit« und »Finanzen« oder die Allerweltswörter »Löffel«, »Gabel«, »Messer«, doch auch der »Vorruhestand« hat es in sich. Klaus Jürgen Haller, studierter Germanist und wortmächtiger Hör-
funkjornalist, legt 99 etymologische Studien vor, die bei aller wissenschaftlichen Genauigkeit frei sind vom Staub konservativer Sprachpflege. Unter dem Titel »wortwörtlich« erfreuen seine amüsanten Sprachgeschichten seit Jahren Radiohörer und Zeitungsleser; immer wieder wurde der Wunsch an ihn herangetragen, die Beiträge gesammelt in Buchform zu veröffentlichen.
Klaus Jürgen Haller, Jahrgang 1940, ging nach dem Studium der Germanistik, Geschichte und Philosophie zum Hörfunk. Der langjährige Moderator, Reporter und Kommentator des WDR-»Mittagsmagazins« war bis 1988 Chefreporter im Hörfunkstudio Bonn des Westdeutschen Rundfunks. Zur Zeit lebt und arbeitet Haller als ARD-Korrespondent in Washington. Vissza