Fülszöveg
Er ist ein hochbegabter Musiker. Im Banne fast krankhafter Sensibilität und Leidenschaft stehend, komponiert er Lieder - Madrigale -, die von Liebe und Tod singen und deren musikalische Wagnisse aus seinem heftigen Verlangen nach äußerster Ausdruckstiefe entspringen. Alle bewundern und bestaunen ihn, den Künstler und den Mörder aus Eifersucht: Don Carlo Gesualdo, Fürst von Venosa. Wohl kaum jemand vermag, sich ihm je innerlich zu nähern, ihn zu verstehen; vielleicht der Dichter Tasso, der noch einmal Petrarcas Tradition zu hoher Vollendung führt und im Wahnsinn stirbt, oder der Mönch und Philosoph Campanella, der von einem glücklichen Menschengeschlecht träumend fast dreißig Jahre in den Kerkern der Inquisition verbringt? Gesualdo, dieser menschliche und künstlerische Einzelgänger, lebte im ausgehenden i6. Jahrhundert, genauer: von etwa 1560 bis 1613, in Neapel, Rom und Ferrara. Er ist einer der letzten Sterne am Abendhimmel der italienischen Renaissance, jener Zeit also, in der...
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Er ist ein hochbegabter Musiker. Im Banne fast krankhafter Sensibilität und Leidenschaft stehend, komponiert er Lieder - Madrigale -, die von Liebe und Tod singen und deren musikalische Wagnisse aus seinem heftigen Verlangen nach äußerster Ausdruckstiefe entspringen. Alle bewundern und bestaunen ihn, den Künstler und den Mörder aus Eifersucht: Don Carlo Gesualdo, Fürst von Venosa. Wohl kaum jemand vermag, sich ihm je innerlich zu nähern, ihn zu verstehen; vielleicht der Dichter Tasso, der noch einmal Petrarcas Tradition zu hoher Vollendung führt und im Wahnsinn stirbt, oder der Mönch und Philosoph Campanella, der von einem glücklichen Menschengeschlecht träumend fast dreißig Jahre in den Kerkern der Inquisition verbringt? Gesualdo, dieser menschliche und künstlerische Einzelgänger, lebte im ausgehenden i6. Jahrhundert, genauer: von etwa 1560 bis 1613, in Neapel, Rom und Ferrara. Er ist einer der letzten Sterne am Abendhimmel der italienischen Renaissance, jener Zeit also, in der das machtvoll aufstrebende Bürgertum in den italienischen Stadtstaaten durch seinen Reichtum den Wissenschaften, der Literatur und den Künsten zu einem bisher nicht gekannten Aufschwung verholten hatte. Zu Gesualdos Zeit waren die Stadtstaaten aber schon der wirtschaftlichen Konkurrenz Englands, der Niederlande, Frankreichs erlegen. Dies und die politischen Machtkämpfe zwischen dem Papsttum, den Herrscherhäusern Medici, Este, der Signoria Venedigs, aber auch zwi-
sehen spanischen und österreichischen Habsburgern und Frankreich führten zur Verelendung der Bauern und Lohnarbeiter andererseits. Gesualdos Zeit ist von dieseri Kämpfen, aber auch von Aufständen der ärmsten Bevölkerungsschichten geprägt. In dem von Spanien beherrschten rückständigen Süditalien, der Kornkammer Italiens, werden diese Gegensätze von arm und reich am deutlichsten sichtbar. Vor dem Hintergrund heftigster Auseinandersetzungen zwischen Bauern, armer Stadtbevölkerung und den spanischen Unterdrückern, aber auch zwischen den adligen Familien Neapels, u. a. den Carafa und den d'Avalos, läßt L. Passuth das Leben Gesualdos abrollen. Mit der Akribie des Juristen, der Passuth vor seinem schriftstellerischen Beginn gewesen war, trägt er sein Material aus den Originalquellen zusammen und verbindet historische Authentizität mit sprachlicher Schönheit. Dieses Gestaltungsprinzip, vereint mit der Gabe, fesselnd erzählen zu können, ließen ihn zu einem erfolgreichen Autor historischer Romane werden, der er nun schon seit mehr als dreißig Jahren ist.
Vissza