Werden und Zerfall des Habsburgerreiches

Fülszöveg

Über Aufstieg und Untergang des Habs-burgerreiches sind schon viele Bücher ge-schrieben worden, aber kaum ein Autor ist bisher in so konkreter Fragestellung an das Wesen dieses Vielvölkerstaates heran-getreten, der zugleich als Modellfall ver-schiedenster Nationalitátenprobleme und als Anschauungsobjekt für die Möglich-keit dienen kann, etwas aus der Geschichte zu lernen.
In unserem Zeitalter der weltweiten Machtgebiete und Sicherheitsgemein-schaften liegt die Frage nahe, ob ein GroB-reich, das sich jahrhundertelang als Ord-nungs- und Schutzraum in Európa be-wáhrt hat, aus zwingender Notwendig-keit zugrunde gehen muBte, obwohl einige Jahrzehnte nach seinem Zerfall neue Staatengemeinschaften von viel gröBerem MaBstab als Garanten des Weltfriedens angestrebt werden. Das Hauptproblem stellt alsó Erfolg oder MiBerfolg der Be-mühungen um das Zusammenwachsen im Inneren und um Sicherheit nach auBen, alsó um „Integration" im modernen politischen Sinn, dar.
Zur Lösung dieser Frage an die... Tovább

Fülszöveg

Über Aufstieg und Untergang des Habs-burgerreiches sind schon viele Bücher ge-schrieben worden, aber kaum ein Autor ist bisher in so konkreter Fragestellung an das Wesen dieses Vielvölkerstaates heran-getreten, der zugleich als Modellfall ver-schiedenster Nationalitátenprobleme und als Anschauungsobjekt für die Möglich-keit dienen kann, etwas aus der Geschichte zu lernen.
In unserem Zeitalter der weltweiten Machtgebiete und Sicherheitsgemein-schaften liegt die Frage nahe, ob ein GroB-reich, das sich jahrhundertelang als Ord-nungs- und Schutzraum in Európa be-wáhrt hat, aus zwingender Notwendig-keit zugrunde gehen muBte, obwohl einige Jahrzehnte nach seinem Zerfall neue Staatengemeinschaften von viel gröBerem MaBstab als Garanten des Weltfriedens angestrebt werden. Das Hauptproblem stellt alsó Erfolg oder MiBerfolg der Be-mühungen um das Zusammenwachsen im Inneren und um Sicherheit nach auBen, alsó um „Integration" im modernen politischen Sinn, dar.
Zur Lösung dieser Frage an die Geschichte untersucht Kann zunáchst die gemeinsamen Traditionen, Einrichtun-gen und Ideen, die zur Staatswerdung des Habsburgerreiches geführt habén. Einer Betrachtung der Staatsbildung selbst folgt die konkrété Behandlung der für das Schicksal dieses Reiches besonders be-
deutsamen Faktorén: Nationalitáten-frage, gesellschaftliche und politische Ordnung, wirtschaftlicher Zusammen-hang und die aus diesen Tatsachen resul-tierenden Überschneidungen. Den Ur~ sachen des Auflösungsprozesses und dessen Ablauf ist ein weiteres Kapitel ge-widmet. SchlieBlich wird die Frage auf-geworfen, ob das jahrhundertelange Zu-sammenleben der Donauvölker in der Habsburgermonarchie zur Entwicklung gemeinsamer nationaler und kultureller Züge, alsó zur Entstehung eines über-nationalen Menschentyps geführt hat. Be-merkenswert ist dabei auch der Versuch, eine von allén Völkern gemeinsam aner-kannte Heldengestalt des Habsburger-reiches zu finden. Den strengen Kriterien des Autors hált dabei nur Prinz Eugen stand.
Róbert A. Kann ist gebürtiger Öster-reicher und ordentlicher Professor für die Geschichte an der Rutgers University; vorher lehrte er an der Columbia University. AuBerdem ist er Forschungsmitglied der Universitát Princeton. Er erkennt die historische Bedeutung der habsburgi-schen Monarchie nicht nur an deren kultureller GroBleistung, sondern vor allém an der Tatsache, daB das Fortbestehen eines vielnationalen GroBreiches durch vier höchst bewegte Jahrhunderte ein weit bedeutsameres Phánomen darstellt als die schlieBliche Auflösung. Vissza