Fülszöveg
Der siebente Band der vollständigen Ausgabe von Thomas Manns Tagebüchern enthält die Einträge vom 28. Mai 1946 bis zum 31. Dezember 1948. Er umspannt eine trotz vielerlei Beunruhigungen und Widrigkeiten erfüllungsreiche Zeit im Leben des großen Schriftstellers, Nach der rettenden Lungenoperation zurückgekehrt in sein kalifornisches Heim, nimmt er die täglichen Notizen, nimmt er die Arbeit an Doktor Faustus wieder auf, der Altersschöpfung, die ihm Gipfel seines Werks, seiner Existenz ist. Der Tagebuch-Eintrag vom 29. 1. 1947 hat, in roter Tinte, die Überschrift »Abschluß des >Faustus<«. Abschluß? Es folgen, berichtet Inge Jens im Vorwort, »die Änderungen, Kürzungen, Verbesserungen, >Entlastungen<, >Diskretisierungen< gewagter Stellen, das rigorose Sich-Trennen von überbordenden musiktheoretischen Exkursen und allzu umständlichen Zeitblom-Entschuldi-gungen: sorgfältig notiert im Journal und für den Leser nachzuvollziehen dank der erhalten gebliebenen Urfassungen, die, soweit sie für...
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Fülszöveg
Der siebente Band der vollständigen Ausgabe von Thomas Manns Tagebüchern enthält die Einträge vom 28. Mai 1946 bis zum 31. Dezember 1948. Er umspannt eine trotz vielerlei Beunruhigungen und Widrigkeiten erfüllungsreiche Zeit im Leben des großen Schriftstellers, Nach der rettenden Lungenoperation zurückgekehrt in sein kalifornisches Heim, nimmt er die täglichen Notizen, nimmt er die Arbeit an Doktor Faustus wieder auf, der Altersschöpfung, die ihm Gipfel seines Werks, seiner Existenz ist. Der Tagebuch-Eintrag vom 29. 1. 1947 hat, in roter Tinte, die Überschrift »Abschluß des >Faustus<«. Abschluß? Es folgen, berichtet Inge Jens im Vorwort, »die Änderungen, Kürzungen, Verbesserungen, >Entlastungen<, >Diskretisierungen< gewagter Stellen, das rigorose Sich-Trennen von überbordenden musiktheoretischen Exkursen und allzu umständlichen Zeitblom-Entschuldi-gungen: sorgfältig notiert im Journal und für den Leser nachzuvollziehen dank der erhalten gebliebenen Urfassungen, die, soweit sie für die Arbeitsweise Thomas Manns und die Beweggründe, sie vor dem Beginn des >Erdenlebens< seines Romans auszuscheiden, aufschlußreich sind, im Textteil am Ende des Bandes abgedruckt wurden.« Dabei wird auch der Anteil Theodor W. Adornos deutlich. Und es folgen Schößlinge und Rezeption des Romans; »Beinahe eineinhalb Jahre lang sieht sich beinahe alles Geschriebene auf das Werk der Werke bezogen: Der Nietzsche: >ein essayistisches Nachspiel« Der Erwählte: ein >humori-stischer Epilog<, und Die Entstehung des Doktor Faustus. ein Arbeitsbericht, geschrieben zu einer Zeit, als Thomas Mann wußte, daß die Welt sein Werk akzeptiert und ihn, den Autor, bestätigt hatte.«
Der »Forderung des Tages« entzieht er sich auch jetzt nicht. Er greift ein in die innenpolitischen Kämpfe der Vereinigten Staaten, bezieht einen festen demokratisch-freiheitlichen Standpunkt, wendet sich gegen den Fremdenhaß und die Hetze an Macht gewinnender nationalistischer Gruppen.
Der Staatsbürger der USA bleibt Europäer, bleibt Deutscher. Die schmerzliche Auseinandersetzung mit Deutschland und Deutschen wird differenzierter, ja, versöhnlicher, die Lockung des alten Erdteils stärker, die erste Europa-Reise nach dem Kriege, 1947, gewährt Glücksmomente des Wiederanknüpfens. Noch aber hat Thomas Mann seine unentbehrliche Häuslichkeit in Pacific Palisades, wo der Autor knapp den regelhaften Ablauf des Tages verzeichnet - mit Familiärem und Gesellschaftlichem, Spaziergängen, öffentlichen Auftritten, Arztkonsultationen, gewissenhaft wahrgenommener Korrespondenz, Kinobesuchen, privaten Lesungen und abendlichen Musikplatten. Solcher Knappheit der Nótate entspricht sinnvoll die Kommentierung, die ein Panorama ausbreitet, Perspektiven vertieft, historisch-politische Vorgänge, literarische und biographische Beziehungen, verborgene Zusammenhänge und persönliche Schicksale ans Licht hebt.
Vissza